Der Zauberer von Oz Review
Laufzeit: ca. 101 Minuten
Genre: Fantasy
Regie: Victor Fleming
Darsteller: Judy Garland
Gesehen auf: Deutsch
Erscheinungstermin: 1939
Inhalt:
Mrs. Gulch möchte Dorothys Hund dem Sherif zur Einschläferung übergeben, weil der immer ihre Katze jagt. Dorothy möchte ihren kleinen Freund beschützen und läuft mit ihm von Zuhause weg, nur um kurz darauf vor Schuldgefühlen zurückzukehren. Allerdings wird die Farm von ihrer Tante von einem Wirbelsturm heimgesucht und als das Fenster ihr gegen den Kopf prallt, wird sie bewusstlos. Als sie erwacht, findet sie sich im kunterbunten Märchenland Oz wieder.
Kritik:
»Warum zählst du zum Einschlafen nicht Schäfchen?«
»Das nützt doch auch nichts, ich hab Angst vor Schäfchen.«
Ja, der berühmte Film über das legendäre Märchen. Nachdem es immer wieder in
»Veronica Mars« erwähnt worden ist und ich gestern dann auch noch eine Folge »Two And A Half Men« sah, in dem die Darsteller sich mit Kostümen des Films verkleideten, dachte ich mir, es wird Zeit meine cineastischen Kenntnisse auf den Stand zu bringen, mit dem offenbar sämtliche Kinder in Amerika aufwachsen. In meiner Kindheit gab es höchstens eine Zeichentrickserie um Oz, an die ich mich düster erinnere, ansonsten verbinde ich meine filmischen Anfänge eher mit
»Jumanji« und »Hook« plus die üblichen Disney-Filme, »Der Zauberer von Oz« war allerdings nie dabei. Erst jetzt fiel mir auf, wie populär der Film zweifelsohne sein muss, wenn er so oft zitiert und so oft Anspielungen auf ihn gemacht werden. Die Story kannte ich nahezu gänzlich, weiß der Geier woher (Entweder hat Stephen Kings Dunkle Turm Reihe genug Elemente daraus enthalten oder aber ich habe doch bereits eine andere Verfilmung gesehen), es ist eben eine Kindergeschichte im Stil von »Alice im Wunderland«, die man wohl einfach kennt. Und jetzt gehöre ich auch zu den Millionen, die den Film kennen, der wahrscheinlich der heutzutage berühmteste Streifen aus der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts sein dürfte. Ich kann nicht sagen, dass ich jetzt ein glücklicheres Leben führen werde, aber immerhin kann ich mitreden.
Ich darf direkt mit den negativen Aspekten anfangen? Nein? Dann schlagt doch eure Hacken zusammen und verschwindet nach Hause!
Jedenfalls gibt es nicht wirklich viel Negatives über den Film zu sagen, abgesehen von der Hauptfigur und ihrer Darstellerin. Zum einen ist die gute Judy Garland schon ziemlich ausgewachsen für ihr vermeintliches Alter und wirkt dadurch wie eines dieser schwachköpfigen Inzestopfer, die früher wohl des Öfteren auf Farmen herumgelaufen sind… keine Ahnung, wie ich auf sowas komm, wahrscheinlich weil sich Stephen Kings Dunkle Turm Reihe zusammen mit Oz in einer Assoziationskette verbunden hat und das zieht offenbar ein paar… suboptimale Vergleiche mit sich. Jedenfalls ist es nicht nur ihr Äußeres, das ginge im Grunde genommen noch in Ordnung, wenn sie nicht noch doppelt so nervig wäre, wie jeder Kinderdarsteller, den ich je gesehen habe. Ihr Verhalten, ihr Gekeife, womöglich auch die Synchronstimme, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das Original da eine bessere Figur macht. Sobald sie in Oz ankommt, hat sie nicht mehr ganz so viel zu sagen, man muss also nur die erste Viertelstunde tapfer durchhalten und sie ertragen… sie und das monochrome Bild, das einen fast befürchten lassen könnte, dass man einen vergilbten Schwarz-weiß-Film schaut, doch keine Angst! Mit dem Wechsel ins Land von Oz tritt auch die Farbe auf, in all ihren knalligen Tönen um Dorothys Traum zu verdeutlichen. Ich wusste nicht einmal, dass das 1939 schon möglich war… wenn ich an Filme aus den 30ern denke, springen automatisch Dracula und Frankenstein in schwarz-weiß vor meinem inneren Auge herum und feiern eine Orgie – so kann man sich täuschen.
Ansonsten gibt es aber nicht wirklich etwas an dem Streifen auszusetzen. Zugegeben, die aufgemalten Kulissen und die Kunststoffblumen stechen schon deutlich ins Auge, aber man darf eben auch nicht die Zeit vergessen. Eine Zeit, in der eben noch nahezu alles im Studio gedreht wurde. Nicht ganz mit meinem Geschmack vereinbar, dass man es dann zusätzlich noch komplett wie ein Musical aussehen lassen muss, indem man jede neue Kulisse mit einem Liedchen versieht. Wieso muss in Kinderliedern immer gesungen werden?! Wenn ich sowas wie »Aladdin« sehe o.ä., will ich da irgendwen singen sehen?! Nein! Daddy will eine abenteuerliche Schatzsuche, einen lustigen Dschinn und einen actiongeladenen Bosskampf – aber kein verdammtes Konzert dazwischen! Kann mich auch nicht entsinnen, dass mir die Unterbrechung der Story als Kind zugesagt hätte, aber die Produzenten von Kinderfilmen werden wohl ihre Gründe haben.
Auf der anderen Seite sehen die Kulissen, abgesehen vom gemalten Hintergrund und den glänzenden Plastikblumen im Vordergrund wirklich gelungen aus, so platzsparend die Szenenschauplätze auch jedes Mal gehalten sind und auch in Sachen Make-Up, Kostümen und Effekten wurden mit Berücksichtigung auf die Zeit ganze Arbeit geleistet. An der Aufmachung kann man selbst unter heutigen Maßstäben mit ein wenig Toleranz wirklich nichts aussetzen. Und selbst die Gesangseinlagen können einen ab und zu zum Mitsingen oder immerhin Mitklopfen animieren, solange es sich um die im (leider recht schlechten) Originalton handelt und nicht um die grausamen Teile, die versucht wurden wohlklingend ins Deutsche zu übersetzen.
Zu den Figuren und der Story bleibt nicht viel zu sagen, ich schätze, dass jeder Mädchen, Vogelscheuche, Zinnmann und Löwen kennt mitsamt ihren vermeintlich fehlenden Eigenschaften, dem Verstand, dem Herzen und der Courage. Alles ist sehr einfach gehalten, obgleich auch wirklich schön inszeniert und die Figuren sind, vor allem auch darstellerisch, sehr gut differenziert worden, so dass sie einem tatsächlich ans Herz wachsen und dass einem die Abschiedsszene zum Schluss glatt ans Herz geht.
Die Moral hingegen ist wieder eine andere Sache… es gibt im Film schließlich nicht nur eine Moral. Die drei Begleiter von Dorothy, die alle irgendwelche Eigenschaften vermissen, letztlich jedoch feststellen, dass sie diese immer besessen hatten und nur aufwecken mussten, das ist nichts anderes als eine hübsch umschriebene Botschaft, die besagt, dass der Weg das Ziel ist, dass man nicht aufgeben soll. Die Moral, die das Drehbuch allerdings diktiert, wirkt auf mich eindeutig irgendwie verkorkst… „Ich denke, es war wohl nicht genug, dass ich mich nur zurückgesehnt habe. Und wenn ich mich wieder nach etwas sehnen sollte, werde ich nie mehr weit von unserem Hof suchen, denn wenn etwas nicht da ist, kann es natürlich nicht gefunden werden.« WTF? Es ist schließlich nicht so, dass Dorothy irgendeinen Denkzettel dafür gebraucht hätte, dass sie weggelaufen ist, sie hat das schließlich nicht aus einem Anflug von falschen Gefühlsausbrüchen getan, sondern, weil sie ihren Hund beschützen wollte. Es ist nicht etwa wie bei »Kevin allein Zuhause«, in dem Kevin seiner Familie an den Kopf wirft, er würde sie hassen und wünschte, sie wären alle nicht da und anschließend damit zurechtkommen muss, wie es ist, wenn es tatsächlich so wäre. Ein Tadel an die zuschauenden Kinder, seine Eltern frei nach den zehn Geboten zu ehren. Aber was bringt uns »Der Zauberer von Oz« bei, wenn man Dorothys unlogischen Geistesblitz befolgen möchte? Dass man seinen Hund krepieren lassen soll, wenn eine alte Hexe ihn sich schnappt und einschläfern lassen will? Es schwingt natürlich noch Dorothys Fernweh mit, aber das wird nur ganz beiläufig erwähnt und wenn man nicht genau darauf achtet, entgeht oder entfällt es einem ohnehin, aber ob das nun der Fall ist oder nicht, in meinen Augen ergibt diese geschriebene Moral keinen großen Sinn, geschweige denn etwas moralisch Wertvolles. Aber gut, dass man sich auch die Botschaften heraussuchen kann, auf die beim Schreiben oder Verfilmen offenbar nicht das Hauptaugenmerk gelegt worden ist.
Der Film ist also ein kunterbuntes Märchen mit skurrilen Figuren, Gesangseinlagen und mühevoll gestalteten Kulissen, der als Kinderfilm sicher seinen Zweck erfüllt und auch heute noch nicht zu alt ist. Ich halte ihn weiß Gott nicht für so überragend, dass man auch noch über ein halbes Jahrhundert nach seinem Erscheinen immer wieder seinen Einfluss präsentieren muss, aber ich darf an dieser Stelle sagen, dass ich angesichts dieses Status über eine solche Zeitspanne wirklich beeindruckt bin, trotzdem bin ich froh, dass ich stattdessen mit
»Jumanji« und »Hook« aufgewachsen bin – und die Geschichte von Oz, habe ich schließlich auch nicht verpasst, ergo war es also absolut nicht nötig, diesen Film anzusehen, aber es war eine Erfahrung mit den alten Künsten wert – und den Ohrwurm.
We're off to see the Wizard, The Wonderful Wizard of Oz!
Bewertung:
Darsteller: 7/10 (die Hauptdarstellerin zieht leider den Schnitt herunter)
Plot: 6/10
Effekte: 6/10 (Naja, zeitgemäß eben... immerhin nicht zu viele)
Anspruch: 3/10
Gesamteindruck: 7/10