Mord im Orient-Express Review
Laufzeit: ca. 128 Minuten
Genre: Krimi
Regie: Sidney Lumet
Darsteller: Albert Finney, Sean Connery, Ingrid Bergmann, Michael York
Gesehen auf: Deutsch
Erscheinungstermin: 06. März 1975
Inhalt:
Auf einer Fahrt des Orient-Express geschieht ein Mord. Ein Mann wird mit zwölf Messerstichen im Körper vorgefunden, als die erste Nacht endet. Der Zugdirektor bittet seinen kurzfristig mitgefahrenen Freund Hercule Poirot in seiner Position als berühmter Detektiv den Fall aufzuklären, bevor der Express seinen ungeplanten Zwischenstopp im Schneechaos beenden und den Behörden entgegenfahren kann.
Kritik:
»Der Butler war’s!«
LorD führt seine Fahrt durch die „antike“ Filmgeschichte fort und hat sich nun, nach
»Der Zauberer von Oz«,
»Halloween« und
»Die 36 Kammern der Shaolin« an »Mord im Orient-Express« bedient. Der Film lag hier bereits eine ganze Weile herum und ich besorgte ihn mir damals einzig wegen Sean Connery, dessen Mitspielen in diesem Film in Agatha Christies Romanvorlage ausdrücklich erwähnt wurde. Ich kannte die Geschichte also schon, genau wie die Auflösung des Falls, was in einem Krimi natürlich kontraproduktiv ist, aber selbst dafür wurde ich gut unterhalten.
Die Figuren sind, soweit ich mich noch erinnern kann, wirklich ausgesprochen gut getroffen. Ich war sehr auf Hercule Poirot gespannt und ich muss gestehen, dass Albert Finney ihn noch weit besser verkörpert hat, als es die Romanfigur schaffte. Seine steife Art, gewisse Macken, die an »Monk« erinnern, das Erheben seiner Stimme in gewissen Situationen – in solchen Momenten erkennt man, dass der Film dem Buch doch etwas voraushaben kann. Interessant bei diesen alten Schauspielern ist zudem noch, nachzuvollziehen, was aus ihnen geworden ist. So spielte Finney u.a. in »Erin Brokovich«, »Ocean’s Twelve« und als Dr. Hirsch in »Das Bourne Ultimatum«, besonders auffällig fand ich aber seine Rolle als Ed Bloom Senior in
»Big Fish«, von dessen Lebensgeschichte der großartige Film handelt.
Der größte Name allerdings, neben Sean Connery natürlich, gebührt wohl Ingrid Bergmann, von der die meisten wahrscheinlich nie einen Film gesehen haben, wo doch dieser bereits einer ihrer letzten war, deren Name aber doch jedem ein Begriff sein sollte – genau wie das berühmte Bild mit ihr und ihrem Filmpartner in »Casablanca«. Ich war etwas verwundert zu lesen, dass sie für ihre Rolle in diesem Film einen Oscar bekam, da ich ihre Leistung für nicht derart überragend hielt. Überhaupt hätte es ein derartiger Film heute schwerlich zu einer Oscar Nominierung gebracht, geschweige denn zu ganzen sechs.
Besonders gefiel mir auch wieder der Butler, gespielt von John Gielgud, der eine noch bessere Figur als solcher ablegte, als Michael Kaine als Alfred in
»Batman Begins«. Man sah den guten Mann, obwohl er schon in diesem Film in die Jahre gekommen war, ein Vierteljahrhundert später noch als König Konstant in »Merlin«.
Äußerst bekannt erschien mir auch das Gesicht von Graf Andrenyi, den Michael York verkörperte. Ein wenig älter und in einer weit weniger ernstzunehmenden Rolle tauchte er in den »Austin Powers« Filmen auf und zwar als niemand anderes, als Austins Auftraggeber Basil Exposition persönlich.
Schon erstaunlich so viele Schauspieler anzutreffen, obwohl ich lediglich mit Sean Connery gerechnet hatte. Aber das war mir schließlich auch schon bei
»Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123« passiert, wo ich lediglich mit Walter Matthau rechnete und gleich Jerry Stiller dazu beschert bekam.
Wie der grausige Film
»Across The Hall« nur in einem Hotel spielt, so findet die Handlung dieses Streifens auch nur in den Waggons des Orient-Express statt, abgesehen von der Anfangsszene. Ich fand alles erstaunlich überzeugend, vor allem auch die Aussicht aus dem Fenster, die erheblich überzeugender wirkte, als jedes Bild, dass beispielsweise bei Sitcoms wie »Two And A Half Men« außerhalb eines fahrenden Autos dargestellt wird. Es gab sogar echte Büsche, die am Fenster vorbeigefahren wurden.
Überhaupt waren die Kulissen des noblen Zugs sehr überzeugend und wenn nicht alles so eng gewesen wäre, könnte man glatt dem Eindruck unterliegen, dass der Film tatsächlich in einem echten Zug aufgenommen wurde.
Dann die Story. Wie gesagt, ich kannte den Roman bereits und obwohl ich daher nur auf die Umsetzung achten konnte, wurde ich wirklich erstaunlich gut unterhalten. Die Story übergeht keine wichtigen Fakten, ist vollkommen nachvollziehbar und steht der Romanvorlage, wie ich finde, in nichts nach. Ich könnte ein paar Aspekte zu meiner Analyse der Auflösung vorbringen, aber das geht bekanntlich leider noch nicht ohne das Ende vorwegzunehmen, daher verkneife ich mir diesen Zusatz. Nur eines sei gesagt: Nachdem
»Der blutige Pfad Gottes« aufgrund seiner Selbstjustiz bei uns indiziert wurde, finde ich es doch sehr verwunderlich, dass man diesen Film mit diesem Ende davonkommen lässt. Ich meine, es ist wirklich gelungen und wohl auch das einzig passende Ende, aber die Moral ist doch äußerst fragwürdig.
Wie dem auch sei, der Film bietet ein großartiges Zusammenspiel großartiger Schauspieler und abgesehen von dem nervigen, veralteten Vorspann ist nichts an dem Film zu alt geraten, vor allem eben auch, weil man überraschend viele Darsteller wiedererkennt. Wie auch bei
»Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123« bin ich sehr positiv überrascht von dieser Antiquität und wer Krimis mag, besonders diejenigen, die die Romanvorlage noch nicht kennen, dem sei dieser Streifen hiermit empfohlen. Doch auch die belesenen dürfen ohne Vorbehalt einschalten, ich wurde schließlich ebenfalls noch unterhalten.
Bewertung:
Darsteller: 9/10
Plot: 8/10
Effekte: -/10
Anspruch: 6/10
Gesamteindruck: 8/10