Die Sopranos Season 1 Review
Laufzeit: ca. 900 Minuten
Genre: Mafia / Thriller
Creator: David Chase
Darsteller: James Gandolfini, Lorraine Bracco, Tony Sirico
Gesehen auf: Deutsch
Inhalt:
Mafia-Capo Anthony Soprano erleidet Zusammenbrüche, die in Bewusstlosigkeit enden und landet über Umwege bei einer Psychiaterin, die die Diagnose auf Angstattacken stellt. Eine heikle Situation, wenn ein Mafiaoberhaupt zum Psychiater geht, darf davon natürlich niemand etwas wissen. Zu allem Überfluss gibt es in dieser Zeit noch massig Probleme, die bewältigt werden müssen: Tonys schwierige Mutter, die langsam senil zu werden scheint, der Tod des Mafiabosses und der Wettkampf mit seinem Onkel Junior sind nur die gravierendsten Fakten.
Kritik:
Ich bin froh, dass ich es endlich einrichten konnte, meine Sopranos Mafia-Box einzuweihen. Ich kannte die erste Staffel zwar schon, aber hatte eine ganze Menge vergessen – und selbst wenn, sie ist einfach spitze und macht locker noch ein drittes und viertes Mal Laune. Es gibt auch einfach nichts Vergleichbares – zumindest nichts, das mir bekannt wäre.
Was zeichnet diese Serie aus? Eine gute Frage, Mr. Watson… Danke. Ich denke, es gibt viele Merkmale, die Die Sopranos besonders machen und ich war auch sehr von den Gedanken hinter der Serie angetan, die im Interview mit Creator David Chase herausgefiltert wurden. Dieser wollte zum Beispiel viel lieber Kurzfilme drehen, als eine Serie, aber die Macht liegt schließlich immer bei den Geldgebern… So kam es aber, dass das Script immer so gehalten wurde, dass die einzelnen Folgen nahezu in sich abgeschlossen sind und immer nur geringen Bezug zueinander nehmen (besonders gelungen ist das in Chases Lieblingsfolge »Reise in die Vergangenheit«). Damit in Zusammenhang stehen auch die relativ zentralen Sitzungen beim Psychiater. Chase erzählte, dass alle Episoden einfach aus dem Bauch heraus geschrieben worden waren und wenn in einer späteren Folge auf die Ereignisse eingegangen wird, so haben sich die Drehbuchautoren auch immer erst dann Gedanken darüber gemacht, was das Ganze nun hätte bedeuten können – und sie haben immer plausible und glaubwürdige Ergebnisse zu Tage gefördert. Nun ja, und obgleich das Interview stellenweise recht interessant war, war’s mir dann doch einfach zu lang und ich habe es nicht zu Ende gehört… vielleicht gibt es noch mehr tolle Ideen und Einfälle.
Naja, wo wir gerade noch beim Interview sind, kann ich auch noch eben auf den Punkt eingehen, der diesbezüglich ebenfalls bei mir hängengeblieben ist: Die Musik. Es gibt keine Filmmusik, sondern lediglich eingespielte Musikstücke. Chase bestand zu Beginn der Produktion darauf, genügend Budget für die Musiklizenzen zur Verfügung zu haben und er hat sie gut genutzt. Ich bin ja eigentlich ohnehin jemand, dem die Musik kaum auffällt (außer wenn gerade solche Knüller wie bei
»The Punisher« oder vereinzelt auch bei Serien wie
»Californication« auftauchen), wenn er sich etwas anschaut, aber selbst wenn man dieses Wissen im Hinterkopf hat, fällt es einem kein Stück auf, dass die Filmmusik fehlt. Die Songs sind immer so passend eingespielt und treffend ausgewählt, dass nie etwas zu fehlen scheint – vielleicht vergleichbar mit den markanten musiklosen Stellen in »The Dark Knight«.
Schauspielerisch und Figur-technisch ist die Serie auch auf sehr hohem Niveau. James Gandolfini spielt ganz große Klasse und ich habe mich sehr gewundert, dass ich ihn bisher nur in
»Crimson Tide« gesehen habe – und das auch erst lange nachdem ich Die Sopranos kennen lernen durfte. Mindestens genauso genial sind auch die beiden Mafiafiguren Paulie und Silvio, gespielt von Tony Sirico (der ironischerweise öfters in der Serie über »Good Fellas« spricht, in dem er selbst mitgewirkt hat) und Steve Van Zandt, den man trotz des markanten Namens nur aus den Sopranos kennen sollte. Sehr geniale Figuren, wirklich. Nicht minder toll gezeichnet sind auch alle anderen, von dem schnorrenden Pfarrer über die hinterhältig gerissene Mutter, Onkel Junior, die Psychiaterin und und und. Ich finde so großartig, dass alle einfach sehr menschlich wirken. Sie verhalten sich nicht irgendwie gekünstelt, sind ziemlich unberechenbar, haben keinen aufgesetzten Humor oder gestellte coole Sprüche. Letztere gehen sogar so flüssig in alles Andere über, dass man sie glatt überhören könnte – was sehr schade wäre, denn es sind verdammt geniale Zitate dabei, die mich auch schon mal herzhaft haben lachen lassen.
Die Folgen der Serie sind im Übrigen mit fast einer ganzen Stunde Laufzeit außergewöhnlich lang und passen somit noch besser in das Bild des Creators Kurzfilme zu erschaffen. Ich kann nicht mal genau sagen, warum sie so fesselnd sind, obgleich die meisten Episoden nicht wirklich Grund zur Spannung bieten… die Figuren sind einfach dermaßen sympathisch, das man ihren Werdegang und ihr Leben mit Interesse verfolgt. Zudem sind die Episoden eben auch sehr abwechslungsreich und gespickt mit fabelhaften Ideen des Mafialebens, obwohl es (nach Chases Aussage) keine realen Vorlagen gab. Überhaupt befindet sich die Serie auf einem recht hohen Niveau und ist sehr intelligent geschrieben und umgesetzt.
Diese Season ist nicht perfekt, das will ich gar nicht sagen, aber ich kann auch nicht wirklich sagen, was an ihr nicht perfekt ist. Vielleicht fehlt eben ein bisschen der Nervenkitzel von »Prison Break«, das man am Ende jeder Folge einfach nur weitergucken möchte, weil es so unglaublich spannend ist, aber andererseits ist dieses in sich Abgeschlossene ja auch etwas Besonderes, das besticht. Ich kann es wirklich nicht sagen. Vielleicht fehlt das Markante… denn obgleich es sehr coole Stellen und Episoden und Zitate gibt, würde ich von keinem davon sagen, dass es sich jetzt so dermaßen in mein Hirn eingebrannt hätte, dass ich es nie wieder vergessen werde. Wenn ich mir ein ziemlich unangebrachtes Beispiel nennen dürfte, das mir erst kürzlich wieder über den Weg gelaufen ist: Das vermeintliche Haargel in »Verrückt nach Mary« - niemand, der den Film auch nur ein Mal halbherzig angeschaut hat, wird diese Szene je wieder vergessen können. So etwas fehlt hier vielleicht noch, würde ich sagen. Ansonsten ist alles wirklich großartig und fesselnd – man hat sogar viel mehr den Eindruck einen oder mehrere Filme zu gucken, als eine Serie.
Bewertung:
Darsteller: 10/10
Plot: 7/10
Effekte: 10/10 (es gibt ein paar Bluteffekte, die sehr gut und nicht übertrieben sind)
Anspruch: 7/10
Gesamteindruck: 8/10