Platoon Review
Laufzeit: ca. 115 Minuten
Genre: Antikriegsfilm
Regie: Oliver Stone
Darsteller: Tom Berenger, Willem Dafoe, Charlie Sheen
Gesehen auf: Deutsch
Kinostart: 30. April 1987
Inhalt:
Chris Taylor meldet sich freiwillig zum Kriegsdienst in Vietnam. Es dauert nicht lange, bis er seine Entscheidung bereits bereut und daran zweifelt, diese Zeit überhaupt durchzustehen. Die Umstände machen ihm und seinen Kollegen schwer zu schaffen und zudem ist er noch hin- und hergerissen, welchem seiner zwei Vorgesetzten er nacheifern soll.
Kritik:
Gestern war irgendwie mein Tag des Das-Genre-ist-eigentlich-nicht-mein-Ding-aber-ich-guck’s-mal-trotzdem, denn nach einem Western, habe ich mir auch noch einen Film mit der Thematik Krieg rausgesucht. Dieses Mal aber weniger aufgrund seines Rufes, sondern eher wegen dem phänomenalen Aufgebot an Darstellern: Charlie Sheen, Willem »grüner Kobold« Dafoe, Tom »Sniper« Berenger, Forest Whitaker, Johnny Depp, John C. »Dr. Cox« McGinley, Tony Todd und noch viele eher namenlose, aber dennoch bekannte Gesichter.
Ob der Film 4 Oscars verdient hat, darüber lässt sich wohl zweifelsohne streiten, aber der Oscar ist in meinen Augen ohnehin nicht mehr Auszeichnung, als eine gute Kritik in meiner Fernsehzeitung. Ich fand den Film jedenfalls gelungen und schön inszeniert, wenn auch nicht ganz ohne Schwachpunkte.
Etwas Skepsis bestand zu Beginn schon hinsichtlich Charlie Sheens. Der alte Spaßvogel, primär bekannt durch seine eher lustigen Rollen (»Two And A Half Men«, »Hot Shots«, »Scary Movie 3«), ,tritt in die Fußstapfen seines Vaters und spielt eine todernste Rolle als Vietnamsoldat? Ich habe nicht an seinem schauspielerischen Talent gezweifelt, sondern eher daran, wie er angesichts dieses Hintergrundes in der Rolle wirken wird. Die Befürchtungen waren aber völlig unbegründet, denn Sheen machte seine Sache verdammt gut und glaubwürdig. Mit Berenger und Dafoe konnte er nicht ganz mithalten, schlug sich aber tapfer. Überrascht hat mich Johnny Depp, der nach
»A Nightmare on Elm Street« in seinem wohl erst zweiten großen Film mitspielte. Mir klappte der Unterkiefer herunter, als ich seinen Namen (und den von Whitaker) im Vorspann las und ein weiteres Mal, als er mir erst zum Schluss ganz kurz ein Mal auffiel. Ich habe nicht besonders drauf geachtet, wann er endlich mal durchs Bild läuft, denn ich dachte mir, dass ich das Gesicht wohl prompt erkennen würde, aber offensichtlich ist er mir nicht mal aufgefallen, als er seinen Sprechpart hatte. In der zweiten Hälfte des Films erst, glaubte ich ihn an der Gitarre zu sehen und als mir der Umstand dann wieder einfiel, dass er auch mitspielte, sah ich ihn im Zustand erhöhter Aufmerksamkeit kurz darauf für etwa zwei Sekunden durchs Bild laufen. Und obwohl ich jetzt keine unbeträchtliche Anzahl von Zeilen für die Beschreibung seiner Rolle im Film verbraucht habe, erwähne ich hiermit, dass er im Zusammenhang mit dem Film eigentlich absolut nicht erwähnenswert ist.
Ansonsten fand ich die Story schon ziemlich gelungen. Die Amerikaner werden nicht als pure Helden dargestellt (weshalb es wohl auch fast neun Jahre dauerte, bis Stone Geldgeber für sein Projekt fand), sondern in erster Linie auch als die Bösen, die Unschuldige erschießen, Kinder bedrohen und Dörfer niederbrennen. Überhaupt ist der Kontrast zwischen den kaltblütigen und … ja, ich sage mal »vernünftigen« (auch wenn’s nicht wirklich das richtige Wort ist) Soldaten klasse dargestellt und personifiziert durch Barnes und Grodin (Berenger und Dafoe). Hinzu kommt Taylor (Sheen) in der Mitte, der in beiden Personen (bzw. Kriegsführungen) Vorbilder sieht und nicht so recht weiß, welches das richtige ist. Es erinnerte mich an den zuvor gesehenen
»Für eine Handvoll Dollar«:
»
Auf der einen Seite die Baxters, auf der anderen Seite die Rojos… und du mitten drin.«
Letzten Endes stellt er es selbst zwar so dar, als hätte er sich entschieden, sein Handeln spricht aber mehr für eine Mischung aus beiden Seiten, was ich ebenfalls interessant fand. Herbeigeführt wurde dies natürlich nicht nur durch die Unschlüssigkeit, zu welcher Seite er gehörte, sondern auch stark durch die harten Umstände des Krieges, die er in den Briefen an seine Großmutter beschreibt. Diese empfand ich als wohl größten Schwachpunkt des Films. Zum einen mutiert Taylor beim Schreiben urplötzlich zum Philosophen und seine Worte wirken überaus aufgesetzt und zum anderen erklärt er detailliert seine Gefühle und das Wandeln seines Charakters. Sicher, das ist eine gute Möglichkeit diesen Wandel zu zeigen, aber ich denke, dass es auch nicht schwer gewesen wäre, das nur in Bildern darzustellen und dem Zuschauer die Deutung zu überlassen.
Viel besser waren da schon die harten Umstände des Krieges im Dschungel umgesetzt. Während man in anderen Filmen die Soldaten einfach durch den Dschungel spazieren sieht, merkt man hier deutlich, dass der Schreiber der Geschichte (Stone selbst) aus Erfahrung erzählen kann. Immer wieder werden die zahlreichen Insekten gezeigt, die an den Soldaten hochkrabbelten und ihnen zusätzlich zusetzten und in Verbindung damit ist auch eine der stärksten Stellen des Films entstanden. Ich fand es wirklich toll inszeniert, als Taylor Wache hielt, mit den Insekten kämpfte und dann im nächsten Moment in völliger Stille das Klatschen im Dschungel hörte, als eine Hand ein Insekt auf einem Hals erschlug. Erneut völlige Stille, Anspannung, Zoom auf Taylors Augen… wahrhaft großartig gemacht. So gesehen ist wohl zumindest der Oscar für die beste Regie gerechtfertigt. Auch die auf dem Cover zu sehende, fast schon legendäre Szene mit den hochgerissenen Armen ist großartig dargestellt und nahegehend. Ja, in der Tat hat der Film ein paar prägende Bilder und war nicht zuletzt schließlich auch prägend für viele nachkommende Verfilmungen des Vietnamkriegs. Und auch dem Publikum schien die erste derart realistische Verfilmung des Krieges zu gefallen, da Platoon bis heute der erfolgreichste Film ist, der sich mit dem Thema auseinandergesetzt hat.
Es war ein mutiger Schritt, so einen Film zu drehen und er hat sich gelohnt.
»
I think now, looking back, we did not fight the enemy; we fought ourselves. The enemy was in us.«
Ein gelungener Streifen also, der den Vietnamkrieg selbst aus Sicht der Amerikaner auf realistische Art und Weise darstellt, wie es nur aus Sicht eines Soldaten möglich sein konnte. Spitzenschauspieler, tolle, spannende Story, kluge Dialoge, gelungene Regie und nahegehende Bilder. Leute, mit Interesse am Vietnamkrieg, werden ihn wohl lieben, doch auch diejenigen wie ich, die mit dem Thema nicht viel am Hut haben und nur einen guten Film sehen wollen, sind hier gut bedient.
Bewertung:
Darsteller: 9/10 (Spitzendarsteller zuhauf, Sheen etwas schwächer als Berenger & Dafoe)
Plot: 8/10 (spannende Geschichte um die wahren Gefahren und Zustände im Krieg)
Effekte: 6/10 (die Explosionen bestanden nur aus Rauch und Funken und es war auch stellenweise etwas seltsam, mitten in der Nacht im Dschungel ein scheinwerferartiges Licht in der Ferne zu sehen…)
Anspruch: 6/10
Gesamteindruck: 8/10 (für einen Nicht-Fan des Genres schon ne ziemlich gute Bewertung)