Monster Review
Laufzeit: 74 Episoden à ca. 20 Min.
Genre: Thriller
Gesehen auf: Japanisch [Englische Untertitel]
Erscheinungstermin: 06. April 2004
Inhalt:
»Will you kill me, Dr. Tenma?«
Nachdem ich den Anime vor geraumer Zeit bereits nach den ersten Folgen abbrach, wagte ich es nun erneut mit der festen Absicht bis zu Ende durchzuhalten – und das war ein schweres Stück Arbeit. Der Anime umfasst 74 Folgen, obwohl die Geschichte im Grunde genommen auch in 20 – 30 hätte erzählt werden können. Die Serie ist nicht voll mit Fillern, mehr oder minder hat alles seine Bedeutung im Gesamtgefüge der Geschichte, aber einiges ist einfach unnötig oder zumindest unnötig lang erzählt.
Für mich persönlich schon ein großer Störfaktor sind die Umsprünge der Erzählperspektive von Episode zu Episode. Während es sich zu Beginn noch in Grenzen hält, braucht man im späteren Verlauf gute fünf Minuten um sich überhaupt zurechtzufinden, da es zig Hauptpersonen gibt, immer wieder neue hinzukommen und es keinen Übergang gibt. In einer Episode flüchtete Dr. Tenma noch vor dem Gesetz, in den nächsten drei / vier Folgen taucht er gar nicht mehr auf und man fragt sich fast, ob man nicht ausversehen in eine andere Serie hineingeschaltet hat.
Auch mit der Spannung ist es nicht weit her, eben weil die Umsprünge immer nerven und alles dermaßen in die Länge gestreckt ist. Tatsächlich kam lediglich in den letzten vier Folgen ein Funken Spannung auf und die abgrundtief schlechte und enttäuschende finale Episode machte das wieder zunichte.
Man sollte allerdings, trotz Anime oder nicht, keine großen Actionszenen erwarten und auch nichts Absonderliches. »Monster« ist ein weitestgehend realistisch gehaltener „Erwachsenen-Anime“, der dennoch auf überzogene Gewalt- und Sexdarstellungen (fast) verzichtet. Ich will auch nicht sagen, dass ich darauf aus war, aber ohne die Elemente, die „Jugendlichen-Animes“ ausmachen und ohne die Elemente aus klassischen „Erwachsenen-Animes“, war die ganze Serie nicht mehr und nicht weniger als ein höchst zweitklassiger Thriller, der keinen Anime-Stil gebraucht hätte.
Die Figuren sind gewöhnungsbedürftig, möchte ich meinen. Die zentrale Hauptfigur des Dr. Tenma ist zwar erträglich, aber dennoch ziemlich facettenlos gezeichnet, vor allem in den letzten zwei Dritteln, wo er einfach nur niedergeschlagen herumtorkelt und sich zu keiner richtigen Entscheidung durchringen kann.
Johann ist das Monster aus dem Titel, das pure Böse, das schon als Kind gewissenlos mordet, nur einen Existenzschatten bildet und eine ganze Organisation hinter sich errichtet. Er selbst hat mir auch deutlich weniger gefallen mit seiner perfekten und durch nichts aus der Ruhe zu bringenden Art, zu der sein Wahnsinn absolut nicht passen wollte.
Nina Fortner ist Johanns Schwester, jagt ihn aber auch, genau wie Tenma, weil er ihr Leben zerstört hat und aufgehalten werden muss. Neben Tenma bekommt man sie am häufigsten zu Gesicht, doch ihre Geschichte ist auch nicht spannender und ihre ebenso verschlossene Art macht sie auch nicht gerade zum Sympathieträger, auch wenn in ihr das Potenzial dazu gesteckt hätte.
Im Grunde genommen gibt es nur eine einzige Figur, die ich wirklich mochte und das in einer Serie, die nur so vor Figuren strotzte. Mr. Grimmer, der große, mysteriöse, freie Journalist, der stets mit seiner riesigen Reisetasche umherläuft und unentwegt lächelt, während man nie genau weiß, wer er eigentlich ist und worauf er aus ist. Leider hat der gute Mann äußerst wenige Auftritte im Vergleich zu anderen Figuren, weshalb man sich aber nur umso mehr freut, wenn er mal auftaucht.
Am interessantesten hingegen fand ich den BKA-Ermittler Lunge (oder Runge, da waren sich die Übersetzer nicht ganz einig), der völlig emotionslos und ausschließlich rational an seine Fälle herangeht und ständig mit seiner rechten Hand auf einer imaginären Tastatur am tippen ist um sich Informationen besser merken zu können. Solche kleinen, absonderlichen Macken sind es doch, die Anime-Figuren wirklich ausmachen, nur leider ist Lunge die einzige, die in dieses Schema passt.
Am meisten lebt die Serie, wie ich sagen muss, von absolut unsympathischen Figuren, die man teilweise schon hassen lernt. Ich weiß, dass der Zeichner von
»One Piece« z.B. die zentralen Schurken gezielt hässlich entwirft, weil ihr Äußeres ihre Charaktere widerspiegeln soll und richtige Schurken eben nicht aussehen wie Musterschüler (ja, Johann, du hast da was falsch gemacht…). Naoki Urasawa, der hierfür verantwortliche Zeichner, hat ein ähnliches Konzept genutzt, denn es gibt massig böse Charaktere, die rein äußerlich schon entgegen jeder Sympathie existieren, z.B. The Baby. Am schlimmsten fand ich aber – und mit „am schlimmsten“ meine ich, dass mir schon ewig lange keine Figur mehr untergekommen ist, die ich so abgrundtief gehasst habe – Eva Heinemann. Nicht nur, dass ihre ganze arrogante, nachtragende Art mit dem späteren Alkoholkonsum nur noch schlimmer wird, allein wie ihre Augen gezeichnet sind, treibt mich bei jeder Szene mit ihr zur Weißglut. Erstaunlich, was man mit einem Bleistift alles erreichen kann, aber die Augen von ihr strotzen durchgängig nur so vor Hohn, Abfälligkeit und Schadenfreude, was einfach ein paar zu viele Eindrücke auf einmal sind – vor allem, weil die Figur eine unerhebliche Rolle in der Serie spielt.
Das einzig Interessante am ganzen Anime ist ohnehin sein Schauplatz, der mal weit aus Japan herausgeht und ausgerechnet in Deutschland landet. Zwar nervt es, dass in rasanter Abfolge die Settings von Düsseldorf nach Frankfurt über München zurück nach Düsseldorf weiter nach Prag zurück nach Düsseldorf noch mal schnell nach Prag kurzer Abstecher nach München etc. geändert werden, aber es ist doch im gewissen Rahmen interessant, das alles mal in Anime-Form zu sehen und auch noch in derart detaillierter. Nicht nur Architektur und Kultur stimmen mit dem richtigen Bild überein, sondern auch Kleinigkeiten wie Nummernschilder, Bushaltestellen u.ä. sind genau wie wir es kennen und nicht etwa, wie Japaner es sich vielleicht vorstellen. Einzig, dass kaum Deutsche die Guten spielen passt zum Bild der Japaner von uns.
Alles in allem wohl die größte Zeitverschwendung, die ich seit Ewigkeiten hinter mich gebracht habe und ich nehme auch absolut nichts aus »Monster« mit, abgesehen von der Erfahrung, seiner spontanen Intuition nach den ersten Folgen Glauben zu schenken. Keine Spannung, keine tollen Figuren, nicht mal eine sonderlich tolle Geschichte. Der Zeichenstil ist gelungen, steht damit aber weitestgehend alleine da. Und bei einem so ereignislosen Hin und Her in der Geschichte hätte ich mir wenigstens ein richtig geniales Ende erhofft, aber das war auch nicht mehr als eine herbe Enttäuschung, die man kaum fassen konnte.
Meine Meinung: Finger weg. Lieber eine entsprechende Episodenzahl von
»One Piece« oder »Naruto« oder »Fullmetal Alchemist« schauen, da hat man mehr von.
Bewertung:
Figuren: 5/10
Plot: 4/10
Effekte: 8/10
Anspruch: 6/10
Gesamteindruck: 4/10 (mit Tendenz nach unten)